
Stur, dominant oder einfach unverstanden?
„Der ist heute aber mal wieder stur“. Hast Du Dir das auch schon mal gedacht wenn sich Dein Hund nicht so verhält, wie Du das gerne hättest? Oder hat Dir vielleicht jemand gesagt, Dein Hund möchte „der Chef sein“ oder Dein Hund sei „dominant“ – Du müsstest ihm nur mal zeigen, wer der Boss ist?
Solche Äußerungen beruhen auf einem veralteten Bild über Hunde. Sie sagen nur etwas über Wissenstand und/oder Einstellung des Menschen aus, die so etwas von sich geben. Nach allem was man heute weiß, halte ich es für ein Paradebeispiel für Vermenschlichung, dem Hund Machtstreben zu unterstellen.
Der Verhaltensbiologe und Leiter des ethologischen Instituts und des Family dog projects an der Universität Budapest, Ádám Miklósi schreibt dazu in seinem neusten Buch: „… Die Vorstellung, dass der Halter nur Anführer oder Gefolgsmann sein kann ist mit der Kooperation unvereinbar. Diese kann nur auf einer effektiven Bindung und einem von Vertrauen geprägten sozialen Umfeld aufbauen. … „ [1]
Wenn der Hund nicht tut, was man möchte, wäre es da nicht viel fairer und beziehungsstärkender, sich eine wohlwollende Haltung zu bewahren und der Sache auf den Grund zu gehen? Geht es dem Hund gut oder kann er aufgrund von Schmerz oder Stress nicht tun, was wir von ihn erwarten? Versteht er vielleicht nicht, was wir von ihm wollen?
Hund und Mensch kommunizieren sehr unterschiedlich, bevorzugen unterschiedliche Sinnesorgane, um Informationen über ihre Umwelt zu erhalten. Auch das, was dem Hund wichtig ist, unterscheidet sich in vielen Situationen, was sich zwangsweise auch darauf auswirkt, was er wahrnimmt.
Jeder, der schon einmal im fremdsprachigen Ausland war, sollte nachvollziehen können, wie schwierig die Kommunikation mit einem sprachlich und kulturell anders geprägten Menschen sein kann. Manchmal reicht sogar schon ein Ausflug in ein anderes Bundesland um kommunikationsbedingte Herausforderungen zu erleben. 😉
Und wir erwarten ernsthaft, dass unser Hund immer versteht, was wir von ihm wollen? Bevor wir ihn also als „lernunwillig“, „stur“ oder „dominant“ abstempeln – sollten wir uns an der eigenen Nase packen.
Wo liegt der Fehler? Haben wir uns für den Hund verständlich ausgedrückt? Versteht er, was unsere menschlichen Worte und Gesten bedeuten? Und welche Rolle spielt unsere Körpersprache bei der Kommunikation mit dem Körpersprachler Hund?
Einige Antworten auf diese Fragen und auf welche Feinheiten es bei der Mensch-Hund-Kommunikation ankommt, erfahren wir in diesem spontanen, sympathischen und sehr informativen Wohnzimmergespräch zwischen Sonja Meiburg und Carolin Hoffmann. Die beiden erfahrenen Hundetrainerinnen gehören der Initiative „Trainieren statt dominieren“ an, die für gewaltfreies Hundetraining auf Basis der neuesten verhaltenswissenschaftlichen Erkenntnisse steht. So wie Hundetraining heutzutage sein sollte.
Hier geht’s zum Video: Kommunikation Mensch-Hund (Interview)
[1] Quelle: Ádám Miklósi: Der HUND. Geschichte, Biologie, Rassen. Haupt-Verlag Bern, 2018, S. 75
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